Sonja

Berlin

Franzi

München

„Der Staat nimmt sich heraus, zu behaupten, dass das nicht ihr Kind ist. Das ist unglaublich verletzend.“

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Unser Interview hat ein Ziel: Normalität neu definieren – Teil 1

Vom Beginn einer lesbischen Liebe bis zur Samenspende und viele gesellschaftliche Hindernisse, die heterosexuelle Paare nie überwinden müssen.

Anna und Hanna mit ihrer zauberhaften vier Monate jungen Tochter sind Berliner Kundinnen der Windelei. Sie lassen uns in ihre lesbische Beziehung hineinschnuppern. Dass unsere Fragen notwendigerweise privat sind, liegt auf der Hand. Aber es gibt ja eben eine politische Dimension des Privaten und um die geht es. So beschrieb es Anna noch bevor sie die Fragen beantwortete.

Windelei: Liebe Anna, liebe Hanna, erzählt doch bitte kurz wie habt ihr euch kennengelernt und wie lange seid ihr schon zusammen?

Anna: Wir haben uns, geradezu altmodisch, in einer Bar kennen gelernt. Das war im „August Fengler“, eine von diesen Berliner Kneipen, in denen es vorne einen Tresen gibt und hinten eine winzige Tanzfläche und die eigentlich nichts Besonderes an sich hat. Dort landet man, wenn einem gerade das Portemonnaie geklaut wurde und man einen Schnaps braucht oder man am Vortag verlassen wurde und nicht so recht weiß, wohin mit sich. Jedenfalls geht man hinein, trinkt drei Bier und wenn man wieder rauskommt ist es 5 Uhr morgens und man hat keine Ahnung wo die Zeit hin ist.
So haben wir uns kennengelernt, Ostern 2009. Zusammengekommen sind wir erst später. Aber das ist eine längere Geschichte, die heben wir uns für nach drei Bier auf.

Windelei: Ihr seid verheiratet, oder?

Anna: Verheiratet sind wir seit 2018. Der Anstoß dafür war die Entscheidung für ein gemeinsames Kind. Die rechtliche Lage machte die Heirat notwendig, weil ich ansonsten keine Möglichkeit gehabt hätte, Hannas zukünftiges Kind zu adoptieren. Mittlerweile hat sich die rechtliche Lage geändert. Stiefkindadoptionen sind jetzt auch ohne Eheschein möglich. Unsere Hochzeitsfeier war jedenfalls so wunderschön, dass wir sie um nichts missen wollten, Gesetze hin oder her.

Windelei: Wusstet ihr von Anfang an, dass ihr eine Familie gründen möchtet oder wie seid ihr der Überlegung begegnet?

Anna: Ich hatte weder Kinder noch Heirat wirklich in meinem Lebensentwurf. Das hing auch mit meiner Sexualität zusammen. Für mich bedeutete Homosexualität ein radikales Anderssein, Heirat und Kinder passten nicht in dieses Bild. Vorbilder, die lesbische Homosexualität mit Familienleben verbanden, kannte ich nicht. Ich wusste aber von Anfang an, dass Hanna eine Familie will. Sie hatte etwas Überzeugungsarbeit zu leisten.

Hanna: Ich wollte schon immer Kinder. Und ich hatte auch große Lust, schwanger zu sein. Ich finde es so absolut großartig, dass der weibliche Körper das kann, dass ich das unbedingt erleben wollte. Als ich dann mit Mitte 20 entdeckt habe, dass ich auch Frauen liebe, habe ich mich als erstes durch die unterschiedlichen Möglichkeiten der Familiengründung gegoogelt, wenn die Beziehung kein Sperma produzieren kann.

Windelei: Habt ihr besprochen ob ihr beide eine Schwangerschaft erleben möchtet?

Anna: Ich hatte sehr lange ein schwieriges Verhältnis zu meinem weiblichen Körper und auch wenn sich das mittlerweile geändert hat, eine schwangere Frau werde ich nie sein.

Windelei: Wusste jede von euch schon vor eurer Beziehung, dass sie mal ein Kind haben möchte?

Anna: Mit Mitte zwanzig hörte ich in einem Café einer Unterhaltung zwischen zwei lesbischen Frauen zu. Sie waren ungefähr zwanzig Jahre älter als ich. Das Gespräch drehte sich um die gleichen Themen, wie sie mein aktuelles Leben bestimmten und ich habe mich gefragt, ob das anders wäre, wenn sie Kinder hätten. Das hat mir zu denken gegeben. Ich hatte die Vermutung, ein Kind würde eine andere Perspektive als die Ich-zentrierte mitbringen, was mir gut erschien. Von diesem Gedanken war es trotzdem noch weit bis zu einem konkreten Kinderwunsch und ohne Hanna hätte ich vielleicht nie ein Kind bekommen.

Windelei: Ok, also der Kinderwunsch war dann irgendwann geweckt. Jetzt musste noch geklärt werden, auf welchem Weg Hanna schwanger werden sollte. Welche Möglichkeiten habt ihr für euch in Betracht gezogen bzw. wieder fallen gelassen?

Anna: Es gibt viele Möglichkeiten an Sperma zu kommen. Grundsätzlich gibt es zwei Optionen: privat oder mit Samenbank.
Eine private Spende hat den biologischen Vorteil, dass das Sperma frisch ist, was die Chancen auf eine Schwangerschaft erhöht. Nicht allzu selten, zum Beispiel, bieten einem heterosexuelle Männer aus dem Freundeskreis ihre Hilfe an. Das führt dann gerne zu merkwürdigen Situationen, denn wie sagt man seinem guten Freund, dass man ihn zwar sehr mag, aber sein Sperma lieber nicht möchte? Genauso gut kann es sein, dass man jemanden kennt, den man sich als Spender gut vorstellen kann, aber zu welcher Gelegenheit ist eine solche Frage angemessen? Die Suche nach Spendern im Internet ist in dieser Hinsicht einfacher.

Windelei: Gibt es noch andere Nachteile bei privaten Spendern?

Anna: Es gibt einen rechtlichen Nachteil: Ein privater Spender kann das mit seinem Sperma gezeugte Kind erst acht Wochen nach dessen Geburt zur Adoption freigeben. Ohne die Freigabe kann die Co-Mutter das Kind nicht adoptieren. Es besteht also das Risiko, das Sorgerecht für das gemeinsame Kind nicht zu bekommen, sollte der Spender seine Meinung ändern und die Vaterschaft doch anerkennen lassen. Mich hat diese Möglichkeit sehr beunruhigt, weshalb ich es von Anfang an lieber mit einer Samenbank versuchen wollte.

Windelei: Ok, also war für euch klar, dass der Samen von einer Samenbank stammen wird?

Anna: Ja. Der rechtliche Vorteil bei der Samenbank ist, dass die Spende dort anonym ist, es also für den Spender keine Möglichkeit gibt eine Vaterschaft einzufordern. Biologisch allerdings ist die Samenbank nicht die beste Option, denn das Sperma wird in gefrorenem Zustand aufbewahrt. Durch das Einfrieren und Auftauen bekommt es leider einen Hau weg – bei weitem nicht alle Spermien überleben die Prozedur. Außerdem ist eine solche Behandlung recht teuer. Neben den Kosten für das Sperma müssen Transport und Lagerung sowie ÄrztInnen für Insemination oder In-Vitro-Fertilisation bezahlt werden.

Windelei: Gibt es Auswirkungen in welcher Art von Beziehung die zu befruchtende Frau gerade lebt?

Anna: Ob die zu befruchtende Frau in einer hetero- oder homosexuellen Beziehung steckt oder alleinerziehend ist, spielt für die Behandlung selbst keine Rolle. Es bedeutet aber unter Umständen höhere Kosten oder einen anderen rechtlichen Aufwand. Krankenkassen zahlen Kinderwunschbehandlungen unter ganz bestimmten Umständen: Paare müssen theoretisch in der Lage sein miteinander Kinder zu zeugen. Das schließt lesbische Paare und alleinstehende Frauen von vornherein aus, aber nicht nur diese. Denn auch heterosexuelle Paare, bei denen die Frau etwa zu alt ist (Richtwert 42 Jahre) oder der Mann vollständig unfruchtbar, bekommen keine finanzielle Unterstützung. Nur Paare, deren Eizellen und Spermien mit technischen Mitteln irgendwie zur Fortpflanzung verwendet werden können, können sich die Behandlung bezahlen lassen. Die zugrundeliegende Logik ist mir unklar, denn günstiger ist die Behandlung deswegen nicht unbedingt.

Windelei: Also ihr musstet die komplette Befruchtung selber zahlen. Gibt es sonst noch Fallstricke, um in einer Frauenbeziehung schwanger zu werden?

Anna: Oh ja. Nehmen wir noch den Besuch beim Notar. Den müssen alleinstehende Frauen und lesbische Paare machen, bevor sie Sperma von der Samenbank bekommen. Das ist jetzt ein bisschen kompliziert, aber ich versuche es knapp zu erklären:
Ein Kind, das in eine heterosexuelle Ehe hineingeboren wird, ist automatisch das Kind beider Eheleute. Das ist auch dann der Fall, wenn einer oder beide transsexuell sind. Wichtig ist der Geschlechtseintrag im Personalausweis. Mit dem zugestandenen Sorgerecht sind beide unterhaltspflichtig.

Ein Kind, das mittels Samenspende in eine lesbische Ehe oder einer alleinstehenden Frau geboren wird, hat rechtlich erst einmal nur einen Elternteil – die Frau, die es geboren hat. Damit ein solches Kind nicht benachteiligt wird, steht ihm rechtlich eine zweite unterhaltspflichtige Person zu. Nun ist aber offen, wer diese zweite Person ist, denn der Spender kann hierfür nicht herangezogen werden. Das bringt Samenbank und Kinderwunschklinik selbst in Gefahr unterhaltspflichtig zu werden, denn diese haben die Frau ja befruchtet. Um sich vor Unterhaltsansprüchen zu schützen, wurde von mir daher eine notarielle Beglaubigung verlangt, in der ich versichere, den gegebenenfalls anfallenden Unterhalt zu übernehmen. Eine alleinstehende Frau müsste einen Bürgen oder eine Bürgin hierfür finden. Eine solche Beglaubigung ist nicht wahnsinnig aufwändig, aber bedeutet doch einen finanziellen und zeitlichen Mehraufwand, den heterosexuelle Paare nicht haben.

Die rechtliche Lage ändert sich immer mal wieder. Ich denke, dass die Möglichkeit zur Anerkennung der Elternschaft vor der Geburt eine Lösung wäre.

Windelei: Neben dem Unterschied zu heterosexuellen Paaren zum Notar zu gehen bevor die Befruchtung stattfindet gab es noch weitere Besonderheiten aufgrund eurer lesbischen Beziehung?

Hanna: Unsere Kinderwunschklinik hat sich dann auch noch abgesichert, in dem sie einen Besuch bei einer Psychologin vorgeschrieben hat, die in einem Gespräch „geprüft“ hat, ob wir uns das auch gut überlegt haben mit dem Kind. Das war kein schlimmer Termin, aber lästig, und wir hatten außerdem das Gefühl, dass die Therapeutin ein größeres Problem mit unserer Konstellation hatte als wir. Sie hat uns mehrfach Lösungen für Probleme angeboten, die wir gar nicht hatten.

strong>Windelei: Seid ihr nun beide automatisch als Mütter eingetragen oder wie ging der Prozess nach der Geburt weiter, damit ihr eine komplette Familie seid?

Anna: Bislang ist nur Hanna als rechtliche Mutter eingetragen. Ich muss unser Kind adoptieren, obwohl wir verheiratet sind. Wäre ich ein Mann, wäre ich mit Geburt der rechtliche Vater, trotz Samenspende. Das bedeutet nicht nur für mich eine große Unsicherheit, sondern auch für unser Kind. Die Gesetzeslage ist klar diskriminierend und wird aus diesem Grund derzeit vor dem Verfassungsgericht verhandelt. Den Antrag auf Adoption kann man erst acht Wochen nach der Geburt des Kindes stellen. Meiner Meinung nach eine unnötige Verlängerung der Unsicherheit. Insgesamt fühle ich mich ziemlich gegängelt.

Windelei: Und was musst du für die Adoption noch alles vorlegen? Wohlgemerkt obwohl du schon beim Notar warst und dafür bezahlt hast, dass man dir glaubt, dass du für das Kind sorgen wirst?

Anna: Was viele nicht wissen, es ist nicht einheitlich geregelt, welche Unterlagen für eine Adoption vorgelegt werden müssen. Diese Entscheidung obliegt den jeweiligen Richter*innen. Wenn sie Lust haben, können sie von mir die vollständige Offenlegung meiner Finanzen, ein polizeiliches Führungszeugnis oder auch einen HIV-Test verlangen. Für manche Adoptionsfälle mag dies sinnvoll und gerechtfertigt sein, sicherlich war es das nach dem zweiten Weltkrieg als das Adoptionsrecht entstand. Für einen Fall wie unseren ist eine solche Durchleuchtung absolut unangemessen.

Hanna: Um das nochmal klar zu machen: Obwohl Anna von Anfang an in den Entscheidungsprozess ein Kind zu bekommen eingebunden war, sich von Anfang an für dieses Kind entschieden, mich den ganzen Weg durch Schwangerschaft und Geburt begleitet hat, muss sie es über sich ergehen lassen, dass das Jugendamt vorbeikommt – in manchen Fällen auch mehrfach – und ihre Beziehung zu unserem Kind hinterfragt. Sie hat das Kind im Arm gehalten, während ich nach der Geburt versorgt wurde, hat die Nächte durchgewacht, alle drei Stunden gewickelt, geht ein Jahr in Elternzeit, und der Staat nimmt sich heraus, zu behaupten, dass das nicht ihr Kind ist. Das ist unglaublich verletzend.

Windelei: Hattet ihr Mütter- oder Väterpartnerschaften in eurem Freundeskreis die diesen Weg schon gingen oder andere Beratungsstellen für Regenbogenfamilien?

Hanna: Wir kannten damals ein einziges Frauenpaar, das aktiv zusammen ein Kind bekommen hat. Bei anderen lesbischen Paaren mit Kindern aus dem Bekanntenkreis, hatte jeweils eine der Frauen die Kinder mit in die Beziehung gebracht.
Unsere Freundinnen haben uns viel über den Prozess berichtet, von falsch aufgetautem Sperma, was sie ein ganzes Jahr vergebliche Inseminationsversuche gekostet hatte, von Spermaübergaben auf Parkplätzen, weil der Spender nicht in derselben Stadt wohnte, und auch davon, dass man ein Jahr verheiratet sein muss, um den Adoptionsprozess anstoßen zu können. Bei letzterem stellte sich dann heraus, dass das nur für Bayern galt. In Berlin hätte man im Prinzip am Tag der Adoption heiraten können.
Wir waren auch im Regenbogenfamilienzentrum – danach hatten wir aber eher mehr Fragen als vorher.

Windelei: Was hat dieser technische Prozess in eine Familie zu starten mit eurer Beziehung, eurem Seelenleben gemacht?

Hanna: Ich habe es als sehr belastend empfunden, diesen sehr emotionalen und eigentlich intimen Vorgang, ein Kind zu zeugen, so technisch zu beschreiten. Auch dass dabei notgedrungen so viele andere Menschen involviert sind, fand ich anstrengend. Dazu kam, dass ich beruflich sehr viel reise, und es schwierig war, Phasen zu finden, in denen ich zwei Wochen am Stück in der Stadt war, die dann auch noch zu meinem Zyklus passten.
Ich war erstaunt, wie wenig die Kinderwunschkliniken auf den weiblichen Zyklus, der sich eben nicht an Wochenenden und Feierabende hält, eingestellt sind. Die haben ganz normale Öffnungszeiten und Wochenenden und Ferien. Außerdem hatte ich oft das Gefühl, ich rufe zu spät an, um noch einen Termin zu bekommen. Dabei es ist gar nicht möglich, Monitoring und Insemination weiter als höchstens 2 Wochen im Voraus zu planen.

Windelei: Welche praktischen Schwierigkeiten hast du irgendwie körperlich und seelisch auffangen müssen?

Hanna: Anfangs waren wir noch bei einer Samenbank, die immer nur eine Probe ausgeliefert hat, aber z.B. Freitags nur bis 12:00 Uhr. Wenn ich also Freitagmorgen Blut abnahm, um festzustellen, ob ich einen Eisprung habe, musste ich auf ein schnelles Ergebnis aus dem Labor hoffen. Die sagten dann einem Fahrer Bescheid, der die Probe aus der Samenbank abholen sollte. Aber es passierte auch, dass der dann aus irgendeinem Grund zu spät war und so war die Samenbank schon zu und damit wieder ein ganzer Monat mentale Vorbereitung in einem einzigen, nicht von uns beeinflussbarem Moment vorbei. Das hat mich fertig gemacht. Man hat ja nur einen Versuch pro Monat, und bei mir war es dann eben auch oft so, dass ich schon wusste, dass ich die nächsten Monate gar nicht da sein werde – das war so ein Stress, dass ich nach anderthalb Jahren erst mal sechs Monate Pause machen musste.

Hinzu kam die psychische Belastung wenn ich meine Tage bekam. Also zunächst einmal zwei Wochen banges Warten erdulden nach der Insemination. Und dann setzt die Menstruation ein und zeigt klar, dass es wieder nicht geklappt hat. Dann wollte ich eigentlich nur weinen, aber, ich musste sofort Leute anrufen, um den nächsten Versuch organisatorisch in Gang zu setzen. Es war so zermürbend, auch weil ich anstatt der Trauer wieder Hoffnung und Kraft aufbringen wollte und auch musste, um weiterzumachen.

Windelei: Und wie hat es dann doch geklappt, meinst du?

Hanna: Irgendwann haben wir die Samenbank gewechselt. So konnten wir Monitoring und Insemination in derselben Praxis machen lassen. Wir hatten so auch zum ersten Mal eine feste Ärztin, das hat sehr geholfen.
Aber alles in allem war das für mich eine sehr anstrengende Zeit.

Windelei: Wie erging es dir, Anna?

Anna: Für mich war es in vielerlei Hinsicht deutlich weniger belastend. Aber eine Sache war nicht ganz einfach: Weil ich nicht diejenige war, die schwanger werden sollte und ich auch nicht das Sperma liefern konnte, wurde ich oft nicht so stark einbezogen. Das hat sich in kleinen Dingen geäußert, zum Beispiel wenig Blickkontakt und Ansprache. Ich saß häufig neben Hanna und hatte das Gefühl ungesehen und nutzlos zu sein. Und das stimmt auf der biologischen Ebene, aber auf der emotionalen ist die Unterstützung der Partnerin/des Partners natürlich sehr wichtig. Das ist leider ein Punkt, der im technisch-medizinischen Ablauf wenig beachtet wird. Es führt dazu, dass PartnerInnen dahingehend nicht unbedingt unterstützt werden. Da bin ich aber vermutlich als Co-Mutter in einer ähnlichen Situation wie ein unfruchtbarer Mann.

Hier geht es weiter zu Teil 2- von der Schwangerschaft, über die Vaterrolle, Beziehungsmodellen und unaufgeregte Normalität für die Zukunft.

3 Tipps wie „Öko“ wirklich geht

ZZZ

Gut gemeint, leider verwirrend: „Bio“, „Öko“ und die Nachhaltigkeit

Nach dem Begriff „Nachhaltig“ erscheint mir der Begriff Öko langsam aber sicher ins kommunikative Aus geschubst zu werden. Deshalb hier ein paar Hintergrundinfos und unsere Tipps, welchen Siegeln wir am meisten vertrauen.

Wo „Bio“ öko ist und umgekehrt

Der Begriff Öko kommt aus der Landwirtschaft. Und genau hier vermischen sich die Begriffe „Bio“ und „Öko“.  Beides ist in diesem Zusammenhang positiv besetzt. Der biologische Anbau von Gemüse, Obst und Tierhaltung ist von der EU-Öko-Norm definiert. Hersteller können sich also ein Bio-Siegel aufkleben, wenn sie der Öko-Verordnung unterliegen.

Wie Öko sind Klamotten?

Auch die Bekleidungsindustrie nutzt den Begriff Öko und Bio. Bio greift dabei wieder die landwirtschaftlichen Bedingungen des Anbaus der natürlichen Rohstoffpflanzen auf. Der Begriff Öko geht noch ein Stück weiter. Hier werden auch die Herstellungsbedingungen beachtet, zum Beispiel dass auf Kinderarbeit verzichtet wird.

Nun das Leid des Begriffs „Öko“: Er wird oft missbraucht bei Produkten, die natürliche und künstliche Bestandteile mischen. Hier wird es wesentlich schwammiger und kaum nachvollziehbar für die Verbraucher. Denn die Annahme, dass Ökoprodukte auch gut für die Umwelt sind, ist hier kaum mehr gegeben.

Wenig Öko drin, viel auf der Verpackung drauf

Nehmen wir das Beispiel Wegwerfwindeln: Sie bestehen hauptsächlich aus Polyethylen als Außenhülle und einem Saugkörper aus Polymersalzen und Zellstoffvlies. Der Vliesteil ist eine Mischung aus natürlicher Baumwolle und den Kunststoffen Polypropylen und Polyethylen.

Nun kommt der marketingtechnische Clou: Einige Hersteller nutzen neben den Saugkörpern auch biologisch abbaubare Produkte wie Maisstärke als Saugkraft (zu einem geringen Anteil). Einige nutzen für das Zellstoffvlies – neben den Plastikanteilen – die Rohstoffe aus FSR-geprüften Wäldern.

Damit dürfen die Windeln als Öko eingestuft werden – egal wie hoch der Anteil der ökologischen Bestandteile ist. Sehr ärgerlich für die Verbraucher, zumal die Hersteller auch nicht dazu verpflichtet sind, alle Bestandteile zu deklarieren.

Und mal ganz ehrlich: Egal wie hoch der Anteil ist, die Vermischung mit Plastik ist schlichtweg kein umweltfreundlicher Aspekt. Oder wer zerrupft eine gebrauchte (!) Windel, um die abbaubaren von den nicht-abbaubaren Anteilen zu trennen?

Der Umweltgedanke ad absurdum geführt

Ist damit der Anspruch auf ein ehrliches – und soweit wie möglich – umweltfreundliches Produkts zu hoch? Ich denke nein. Aber das Vertrauen in die Begriffe wird immer weiter zerstört. Der Verbraucher vertraut in die Bio-Produkte im Supermarkt und fällt beim Thema Öko oft auf die Industrie herein.

Der mündige Verbraucher muss sich also selber informieren. Und das kostet Zeit. Zuviel Zeit, wenn man kurzfristig ein neues Produkt benötigt. Es kommt also auf jeden Einzelnen von uns an: auf diejenigen, die aufklären und die, die ein offenes Ohr für diese Informationen haben.

Unsere 3 Tipps für den echte ökologische Bekleidungs-Produkte

  1. Schau auf das Etikett:

    Wieviel Mischprodukt hälst du in der Hand? Je mehr Rohstoffe auf dem Etikett stehen, die natürlichen (wie z.B.: Baumwolle oder Leinen) und künstlichen (z.B. Polyester oder Elastan) Urprungs sind, desto geringer wird der Öko-Anteil, etwa wie durch die Verwendung von Bio-Baumwolle.

  2.  Kleidung gebraucht kaufen oder mieten:

    je mehr und desto häufiger wir das einzelne Kleidungsstück tragen, umso mehr ist der Prozess der Herstellung und Verwendung von Ressourcen – wie ökologisch unbedenklich sie auch immer sein mögen – aufgewogen! Re-use und Minimalismus schont, nicht nur bei Babywindeln. Schau doch mal bei der Kleiderei vorbei!

  3. Lass dich nicht von Siegel verwirren:

    Sie sind divers, einige angesehen von Instituten und Prüfstellen kreiert, andere von einzelnen Firmen selbsterfunden und kaum mit Kriterien gefüllt.

Hier findet ihr die gängigen Siegel, denen wir das größte Vertrauen entgegenbringen, da sie viele Kriterien für eine umweltfreundliche und sozialverträgliche Produktion und Herstellung beinhalten:

Global Organic Textile Standard (GOTS)
Das wohl bekannteste Label für ökologische und soziale Ansprüche ist GOTS. Ein Minimum von 95 Prozent zertifizierter Biofaser ist nötig, damit das Label „organic“ (Bio) heißt. Für „made with organic“ sind mindestens 70 Prozent solcher Fasern Voraussetzung. Zu den sozialen Vorgaben gehören unter anderem das Verbot von Kinderarbeit und Arbeitszeitbeschränkung. Ja, hier sind auch Mischfasern vertreten. Deshalb zählt für uns gerade der Blick auf „Organic“ im Label!

Made in Green Siegel

Greenpeace es nun zu den strengsten Siegeln am Markt zählt. Die Fabriken unterliegen dem umfassenden Nachhaltigkeits-Proramm STeP, das von Chemikalien über Umwelt- und Qualitätsmanagement bis hin zu Arbeitssicherheit alles abdeckt. Die Endprodukte sind schadstoffgeprüft nach dem weit verbreiteten Oeko-Tex Standard 100.  Die Regulierung der Chemikalien in den Fabriken entspricht den höchsten Anforderungen am Markt (Greenpeace-„Detox“-konform), die erlaubten Rückstände im Endprodukt sind teilweise ambitionierter als bei GOTS oder Bluesign.

Fairtrade
Das bekannte Siegel für fairen Handel steht dafür, dass bei der Produktion keine Kinderarbeit und Zwangsarbeit geschieht, die Produzenten vor Ort angemessene Summen verdienen und ökologische Mindeststandards eingehalten werden. Nicht nur die Klassiker Schokolade und Kaffee, sondern auch viele andere Waren gibt es in der fairen Variante: etwa Rosen, T-Shirts, Weine und Fußbälle. Wer das Optimum möchte, kauft ökofair: Produkte mit Fairtrade- und Biosiegel.

PS: Auch wir arbeiten gerade an unserer Zertifizierung der Elefantenhosen!

„Druck macht mir vor allem der Gedanke, Thees nicht ausreichend fordern und fördern zu können“

ZZZ

Aus der Blog-Serie „Elternsein und Eltern werden in Coronazeiten“:

Wie fühlt sich das Leben einer Mama mit Kleinkind derzeit an? Welche Auswirkungen hat Corona auf ihr Leben? Wie bekommen sie Kind, Beruf und Social Distancing organisiert? Wir haben uns in unserem Kundenkreis umgehört. Hier berichtet Constanze S., Mama von 20 Monate altem Sohn aus Kreuzberg.

Windelei: Eine neue Zeit lässt die Welt scheinbar stillstehen. Was hat sich mit dem Kontaktverbot und Social Distancing bei euch in der Familie geändert?

Constanze: Tatsächlich gar nicht so viel, außer dass wir natürlich viel mehr Zeit miteinander, insbesondere auch zu dritt, verbringen. Das genießen wir auch sehr. Vielleicht sind wir etwas lockerer im Umgang mit Medien geworden. Wir videotelefonieren z.B. viel öfter mit Oma und Opa und machen auch schon mal das ein oder andere Video mehr an. Z.B. Kindertanz zum mitmachen, die Hunde von Freddies Bruder und seiner Frau oder – wenn gar nichts anderes mehr hilft – ausrückende Feuerwehrautos und Krankenwagen – auf Youtube findet man ja glücklicherweise für jeden Geschmack etwas!

Windelei: Gib uns einen kleinen Einblick in den Alltag mit deinem Kind. Wie verbringt ihr euren Tag?

Kind knetet auf einem Tablet
Kleinkindbeschäftigung während Corona

Constanze: Thees ist pünktlich wie ein Uhrwerk gegen 7.00 Uhr wach. Oft darf einer von uns beiden noch liegen bleiben, während der andere die ersten beiden Stunden des Tages mit Kaffee kochen, Frühstück und spielen übernimmt.
Meist weiß Thees den Vormittag noch gut, wie er sich beschäftigen möchte, so dass wir ihn größtenteils freispielen lassen. Bude bauen, Suppe aus Quetschiedeckeln kochen oder seine Schleicht-Tiere sortieren sind momentan die Favoriten. Gerne guckt Thees auch auf einem Hocker stehend bei der Zubereitung des Mittagessens zu und hilft beim Tisch abräumen. Einer von uns beiden betreut ihn dabei, während der andere im Homeoffice sitzt.
Zwischen 11.30 und 14:00 Uhr ist Mittagszeit – erst Essen, dann Schlafen – mit etwas Glück eine gute Stunde, mehr war da leider noch nie drin.
Nachmittags gibt es einen Obstsnack und anschließend machen wir einen Spaziergang. Hinterm Haus befindet sich eine Baustelle mit zwei Kränen – da gibt es immer etwa szu sehen, so dass die Spielplatzschließung nicht so schwer fällt.
Bis zum Abendessen, wenn das Freispielen schon etwas schwerer fällt, versuche ich Thees Angebote zu machen, z.B. mit Fingermalfarben oder Knete. Sehr gerne schauen wir uns auch Bücher an. Abendessen gibt es gegen 18:00 Uhr und da wir momentan versuchen, das Töpfchen in das Abendritual zu integrieren, kann das Fertigmachen fürs Bett schon mal sehr ausgiebig dauern. Anschließend wird noch im Bett gelesen und wenn wir selbst nicht mit einschlafen, beginnt gegen 19.30 Uhr die Elternzeit.

Eigentlich hatte ich gedacht, dass Social Distancing auch die Möglichkeit bietet, all die Bastel- und Spielideen umzusetzen, die schon so lange auf meiner Liste stehen, oder auch mal Projekte wie „Kleiderschrank aussortieren“ anzugehen. Mehr Zeit hat Corona allerdings nicht gebracht…solche Sachen fallen nach wie vor in die Abenstunden.

Kleinkind schaut durch das Glas einer Innentüre
„Unsere Homeoffice-Realität – meist fühlt man sich recht beobachtet…“

Windelei: Wieviele Gedanken machst du dir um eure nahe und ferne Zukunft und speziell die deines Kindes. Hat sich da etwas geändert, seitdem Corona bei uns angekommen ist?

Constanze: Erstaunlicherweise habe ich (noch) keine Existenzängste, obwohl wir beide in Kurzarbeit sind – ich bin optimistisch, dass wir spätestens nach dem Sommer wieder durchstarten können. Druck macht mir vor allem der Gedanke, Thees nicht ausreichend fordern und fördern zu können – ich habe die Arbeit der Kindergärtnerinnen tatsächlich nochmal sehr viel mehr schätzen gelernt in den letzten zwei Wochen.
Ich hab schon das Gefühl, dass Thees die soziale Interaktion mit den anderen Kindern fehlt, auch wenn er dass mit seinen 1,5 Jahren noch nicht klar artikuliert. Ich merke allerdings, dass wir in den letzten Tagen sehr viel mehr „gugge“ und mitspielen mussten.

Windelei: Was lässt dich positiv nach vorne schauen?

Constanze: Vor allem das gute Wetter. Wenn morgens bereits die Sonne scheint, ist das enorm hilfreich für die Laune und lässt die Vorfreude auf den Sommer wachsen. Selbst wenn da noch immer nix mit Picknicks oder Baden am See sein sollte, haben wir glücklicherweise einen Balkon, der dieses Jahr auch etwas Ernte abwerfen und demnächst entsprechend präpariert werden soll.
Gegen soziale Isolation machen wir mit unseren Freunden regelmäßig Video-Konferenzen, wobei immer jemand ein Spiel o.ä. vorbereitet – und ganz ehrlich: dadurch, dass das bequem von der Couch aus geht, sind wir häufiger bei solchen Treffen dabei als vor Corona.

ONLINE-Kurse: Geburtsvorbereitung | Rückbildung | Baby-Massage

ZZZ

Vor und nach der Geburt gibt es für Eltern und Familien viele Kurse. Neue Zeiten erfordern neue Wege, in diesem Fall: Kurse online. Wir stellen euch hier eine Auswahl an Anbieterinnen für verschiedene Kurse zusammen.

Diese Liste wird ständig erweitert. (Stand 22.04.2020)

Geburtsvorbereitung

Rückbildungskurse

Babymassagekurse

 

*Quelle: GLÜCKSMAMA | Foto: Sonja Hornung Photography

Der typische Windeleikunde

ZZZ

Oft werden wir gefragt: Wer ist euer typischer Kunde?

Wir versuchen uns mal an einer Antwort:

Die typische Familie gibt es in unserem Fall schon mal nicht. Egal ob alleinerziehend, gleichgeschlechtlich oder mit einem, zwei oder drei Kindern oder mit Mehrlingen. Alles ist normal bei unseren Kunden.

Die Lebenssituationen unserer Kunden

Zu sagen, dass unsere Kunden vergleichbare Lebensweisen aufweisen, können wir ebenfalls nicht bestätigen:

  • Zum Beispiel die Kundin M., alleinerziehend. Sie hat sich mit unserem Service etwas Stress genommen, wie sie selbst sagt. Sie muss soviel alleine organisieren und sich kümmern, da ist sie froh, dass das Thema Stoffwindeln sozusagen ausgelagert ist.
  • Wir unterstützen auch unsere Zwillingseltern N. und P. Während der Papa wieder arbeitet bewundert Sonja eine sehr entspannte Mama mit sehr relaxten Babys. Sie sind froh, dass sie die Stoffwindelwäsche nicht in der Wohnung stehen haben, es ist so schon genug an Kleidung, die täglich anfällt.
  • Ein Elternpaar C. und F. , die beide als das Baby acht Monate alt war, wieder arbeiten gingen, sind froh, dass sie sich zum Feierabend ums Baby und nicht um die Stoffwindeln kümmern dürfen.
  • Eine vierköpfige Familie H. und E. , die auf 60qm bzw zwei Zimmern wohnen und sich den Windelservice gönnen, um das Thema Platzverbrauch mit dem Wäscheständer aus der Welt geschafft zu haben.
  • Eine andere Familie kann nur zu vorgegebenen Zeiten im Waschkeller die Gemeinschaftswaschmaschine nutzen. Zusätzliche Wäsche versuchen sie daher zu vermeiden.

Die Gemeinsamkeit unserer Kunden

Sonja: Unsere Kunden sind alle sehr offen gegenüber dem Thema Stoffwindeln, weil sie die Müllmengen der Plastikwindeln schon erahnen können bzw. schon erfahren haben. Umweltschutz steht bei ihnen im Vordergrund. Sie setzen ihn nicht nur bei der Mülltrennung um, sondern auch in vielen Bereichen der Müllvermeidung. Ich habe schon viele interessante Ideen und Anregungen sammeln können, sowohl für meinen eigenen Alltag, als auch für die Windelei! Klassische Win-Win-Situation für alle!“

Franziska: Alle unsere Kunden haben gemeinsam, dass sie nur das Beste für ihr Kind möchten. Dazu gehört eben auch, sich Gedanken darüber zu machen, welche Stoffe mit der anfangs recht durchlässigen Babyhaut in Berührung kommen sollen. Oft höre ich von den Eltern, dass sie sich über jede Stoffwindel freuen, die sie ihrem Kind anlegen dürfen. Es gibt einfach ein gutes Gefühl zu wissen, was an den Babypopo kommt.